Wieder zwölf Kinder im Haus
Iris Moser, Leiterin des Kinderheims in Daia (Rumänien) - Datum: Herbst 2023
Zwei unserer Jungs, V. und S., sind dieses Jahr volljährig geworden. Beide sind auf ihren Antrag hin und per Gerichtsentscheid aus dem Kinderschutzprogramm ausgestiegen, hingegen mit dem Unterschied, dass V. ausgezogen ist und in einer Mietwohnung in Sibiu wohnt, während S. mindestens noch ein Jahr bei uns bleibt.
V. hat seine Ausbildung diesen Sommer abgeschlossen und arbeitet nun als Techniker bei Continental. Er ist daran, die Autoprüfung abzulegen. Finanziell wird er bis 26, neben den Einkünften aus seinem Lohn, ein großzügiges monatliches Unterstützungsgeld vom Staat erhalten – so ist es zumindest zurzeit und bis auf weiteres für alle Jugendlichen vorgesehen, die in einem Heim aufgewachsen sind und die nach dem Heimaustritt entweder eine Schule besuchen oder einer offiziellen Arbeit nachgehen. Finanziell sollte es ihm also an nichts fehlen.
S. hat noch dieses Schuljahr vor sich, bis er seinen Abschluss macht. Für ihn scheint es richtig zu sein, noch eine Weile bei uns zu wohnen, denn er ist noch nicht in allen Bereichen selbständig genug. Da er aus dem Kinderschutzprogramm ausgetreten ist, wird er ebenfalls vom Unterstützungsgeld des Staates profitieren und mit einem Teil davon zu seinen Unterhaltskosten in unserem Haus beitragen. In knapp zwei Jahren wird sein jüngerer Bruder 18, und erfahrungsgemäß erleichtert das manchen der Jugendlichen das Leben in Selbständigkeit.
Seit einigen Wochen leben drei neue Jugendliche in unserem Haus: Die Ge- schwister I. (13) und O. (12) sind zusammen mit D. (13) in einem anderen Kinderhaus, etwa 40 Fahrtminuten von uns entfernt, aufgewachsen. Dieses Kinderheim hat nun nach 25 Jahren Existenz seine Türen geschlossen – zum einen, weil die Heimeltern in Pension gegangen sind, zum anderen aber wohl auch aufgrund der steigenden Anforderungen von Seiten der Behörden. Die drei Jugendlichen sind bei uns auf jeden Fall willkommen. Der Gerichtsentscheid dazu steht noch aus, doch sollte ihrem Hierbleiben nichts im Wege stehen.
So haben wir nun erneut 12 Pflegekinder – die vorgeschriebene Höchstzahl oder Norm für Kinderhausgruppen – sowie drei junge Erwachsene im Nebengebäude. Die meisten der Pflegekinder sind Teenager, was natürlich nicht immer eitle Harmonie, sondern oft auch anstrengend ist.
Zu schaffen machen mir diverse Themen, allen voran die Einflüsse durch das vermaledeite Handy: Es geht wohl vielen Eltern so, dass sie dagegen ankämpfen und sich über die Verbreitung von oft stupiden bis gefährlichen Inhalten den Kopf zerbrechen.
Außerdem ist der Konsum von Nikotin bei Jugendlichen im Land extrem verbreitet, auch Alkohol ist hoch im Kurs und immer stärker verbreiten sich diverse ethnobothanische, synthetische Drogen. Ich bin dankbar, dass ich zurzeit kein Zigaretten-, Alkohol- oder Drogen- konsumierendes Kind habe. Sehr kontraproduktiv für das verantwortungsvolle Heranwachsen ist schliesslich auch das mangelhafte Schulsystem, welches dazu verleitet, dass viele Jugendliche mehr Zeit mit Schwänzen als mit Lernen verbringen.
Alles in allem also eine herausfordernde Zeit. Theoretisch bräuchte man Un-terstützung und Wohlwollen bei der Erziehung, doch hinzukommt, dass die Kinder sich als Heimkinder grundsätzlich benachteiligt fühlen und das existier- ende System dies eher noch verstärkt. So schreibt der Staat beispielsweise klar vor, welcher Anteil vom staatlichen Kindergeld den Kindern als Taschengeld übergeben werden muss – für die Kleineren ist dieser Betrag aber viel zu hoch. Das gleiche Problem besteht auch bei anderen staatlichen Zahlungen, die an klare Verwendungen gebunden, oftmals aber nicht sinnvoll sind.
(Quelle: Iris Moser, Leiterin des Kinderhauses)
Mail an URS von Iris Moser, Leiterin des Kinderheims
"Im Dezember habt ihr uns freundlicherweise Spenden für unser Solarprojekt überwiesen: Diese 11 000 Euro sind im Gegenwert 54 112 RON. Sie konnten wir verwenden für den Kauf von zwei Wechselrichtern (Wechsel von Gleichstrom in Wechselstrom), den Kauf von zwei Batterien (eine wurde von Rumänischen Sponsoren übernommen), einem Support, Kabeln . . . im Wert von 58 367 RON. Diese Kosten machen einen bedeutenden Anteil der Gesamtinvestitionen rund um die Solaranlage aus. Noch ist das Projekt nicht ganz fertig, doch hoffen wir bald, euch diesbezüglich positiven Bescheid geben zu können. Mir ist es wichtig, dass ihr und die grosszügigen Spender Bescheid wissen. Mit einem ganz herzlichen Dank unsererseits!“ Das schreibt Iris Moser in einer Mail Anfang April 2023.
Rückblick: Im Herbst 2022 sah die Lage wie zum Verzweifeln aus. Der Winter des Energiemangels hatte die Versorgung in Rumänien noch mehr in Bedrängnis gebracht als wir das in Deutschland erleben mussten. Der Stromlieferant hatte quasi über Nacht den Stromvertrag mit dem Kinderhaus gekündigt. Iris Moser schreibt: „Einen Einblick in unser kritisches Strom- netz gibt folgendes Beispiel: Es gibt Zeiten, in denen wir nur auf zwei Phasen Strom haben. Manchmal ein paar Stunden, aber teilweise auch Tage. Die Spannung schwankt dann zwischen 240 und 160 Volt. Das bedeutet, dass die Mikrowelle bei 180 Volt nicht mehr funktioniert und die Kühlmaschinen sowie die Elektronik der Kühlschränke defekt gehen. Reparaturen sind danach teurer als neue Geräte.“
Mit den Anstrengungen aus Deutschland, vom Förderverein „Schritte der Hoffnung“ aus der Schweiz und Geld aus Rumänien kann nun eine dauerhafte, nachhaltige Lösung auf den Weg gebracht werden, die zudem Unabhängigkeit von den Preisen verspricht. Besonders den Einzelspendern für den Verein Urs sei dafür gedankt.
Nachrichten aus dem Kinderhaus in Rumänien - 2023
Bericht von Iris Moser, der Leiterin des Kinderheims - Frühjahr 2023
Unser Ziel, sämtliche Registrierungen, Bewilligungen und Anerkennungen für unser Nebengebäude zu erhalten und somit das Thema endlich abschliessen zu können, ist fast erreicht. Es fehlt uns nur noch ein winziger, aber sehr wichtiger Schritt: die Registrierung des Hauses im Grundbuchamt.
Der Auszug davon, auf dem das Gebäude sichtbar und somit existent ist, bildet die Grundlage für alle offiziellen Verträge und Angelegenheiten. So kann erst dann eine Gebäudeversicherung abgeschlossen, eine eigene Gaszufuhr errichtet, ein Stromzähler angebracht und Projekte im Haus gestartet werden, wenn es davon einen offiziellen Auszug gibt.
Die dafür notwendigen Dokumente haben wir auf dem zuständigen Amt abgegeben – nun gilt es eigentlich nur noch abzuwarten, bis dieser letzte Schritt vollzogen wird. Offiziell beträgt die Warte- zeit rund 30 Tage, doch manchmal kann es auch bis zu 3 Monate gehen...
Dennoch: Von unserer Seite her scheint nun alles abgeschlossen. Wie lange war der Weg bis hierhin! Das Erhalten des grünen Lichtes vom Amt der Stadtplanung, das Absegnen eines Bauprojektes, die Prozedur zur Abgabe der Baustelle, die Abnahme des Baus, das Eintragen auf dem Finanzamt... Vieles davon auf der eigenen Gemeinde, doch was einfach tönt, war es bei weitem nicht. Auch passierten Fehler auf dem Weg, beispielsweise bei der Frage, ob das Gebäude unter Denkmalschutz steht oder nicht.
Nun, unsere neue Adresse steht und der Mietvertragszusatz mit der Adressänderung wurde bei der Kirche in Auftrag gegeben. Die neue Adresse lautet:
Casa Steps of Hope
Strada Bisericii Nr 36
557213 Daia, Comuna Rosia, Judetul Sibiu
Und dann, nach so viel Zeit... kaum zu glauben! Womit sollen wir uns noch beschäftigen? Taucht nicht vielleicht doch noch irgendwo ein Hindernis auf? Ich hoffe es nicht!
Schön ist er geworden, der grosse Saal im Haus B! Nach einem jahrelangen Provisorium und monatelanger Baustelle wird der grosse Saal nun, da die Statikprobleme endlich gelöst sind, Stück für Stück in einen multifunktionalen Raum umgestaltet. Heizung und Licht funktionieren, die Wasseranschlüsse sind angebracht, die zuvor kaum schliessbaren Türen wurden ersetzt. Nun geht es an die Inneneinrichtung.
Der Raum hat neu drei Bereiche. Der erste Bereich, die Küche, ist fast fertig- gestellt. Sie soll dazu dienen, dass Jugendliche, die in diesem Gebäude leben, sich autonom versorgen können. Falls wir uns entscheiden, eine zweite Kindergruppe im Haus B zu betreuen, würden wir mit der Küche auch eine der Bedingungen für den Erhalt einer Betriebsbewilligung erfüllen. Ob wir dies wirklich wollen, ist aber immer noch unklar.
In einem Importgeschäft fanden wir eine passende Einbauküche. Ein hoher schmaler Tisch mit Barhockern dient als Essgelegenheit sowie zur Raumabgrenzung. Mit Freude sehe ich auf die gelungene Küchenecke. Und das Beste daran ist: Unter unserer Anleitung wurde ein Teil der Fliesen durch die Kinder selbst verlegt. Im mittleren Teil des Raumes würden wir gerne einen Billardtisch haben. In der Vergangenheit hatten sowohl unsere Kinder als auch eine ganze Reihe von Dorfkindern grosse Freude daran und versenkten stundenlang die Kugeln in die Löcher.
Für den dritten und letzten Teil des Raumes ist eine Wohnecke mit Sofa, Fernseher, Bücherregal, Computer usw. vorgesehen. Die Fertigstellung dieses Teils eilt aber nicht – wir lassen uns Zeit und zumindest ich genieße den Prozess des Aussuchens und Einrichtens.
Ob wir den Raum schliesslich für die Jugendlichen nutzen, die im selben Gebäude wohnen‚ jedoch nicht mehr Teil des Pflegeschutzprogrammes sind, oder offiziell eine zweite Heimgruppe aufgleisen, ist noch nicht definitiv geklärt. Für den Moment tendieren wir zu Ersterem: Einerseits weil die Auflagen für den Erhalt einer Lizenzierung aufwändig sind, andererseits weil auch die Bedingungen, die mit einem Pflegeverhältnis einhergehen, oft unbefriedigend sind.
Die Zukunft wird es zeigen.